das magazin / 10. März

    L&R und der Brexit

    Wie L&R mit der geänderten Situation in punkto Warenverkehr nach dem Austritt von Großbritannien aus der Europäischen Union umgeht.

    Als international aktives Unternehmen, mit derzeit 50 Konzerngesellschaften in 29 Ländern und Distributionspartnern weltweit, hat für L&R die reibungslose und verlässliche Versorgung seiner Kunden und Patienten mit Medizinprodukten höchste Priorität. Das L&R Tochterunternehmen L&R Medical UK Ltd. (L&R UK) mit Sitz in Burton-upon-Trent ist die vertriebliche Vertretung der L&R Gruppe in Großbritannien und versorgt seine Kunden v.a. mit Produkten für die Kompression, Wundversorgung und - pandemiebedingt - auch mit Hygiene-Produkten wie OP- und FFP2-Masken etc. L&R UK wird dabei mit Produkten aus dem deutschen Logistik-Hub Neuwied-Block beliefert.

    L&R hat sich - seitdem klar war, dass der Austritt von Großbritannien aus der Europäischen Union (Brexit) vollzogen wird - intensiv und frühzeitig auf den Tag X vorbereitet. Dirk Hegel, bei L&R Leiter Versand und Zoll: "Es war lange ungewiss, wann der Brexit wirklich in Kraft tritt und wann ein Handelsabkommen ein neues Regelwerk für den Warenverkehr zwischen Großbritannien und der EU definiert und dann v.a. auch vorliegt. Wir haben daher im Jahr 2020 große Lagerbestände in Großbritannien aufgebaut, sodass unsere britische Unternehmenstochter ihre Kunden immer mit gewohnt hohem Lieferservice versorgen konnte. Versorgungssicherheit ist immer unsere Prämisse. Hierzu sind und waren wir natürlich beständig mit unseren britischen Kollegen im Austausch."

     

    Tatsächlich wurde das Handels- und Kooperationsabkommen - ein Dokument mit ca. 1.400 Seiten - zwischen EU und Großbritannien erst zwischen Weihnachten und Silvester 2020 veröffentlicht und trat mit 1. Januar 2021 in Kraft. Das Abkommen (Trade and Cooperation Agreement, TCA) gewährt dabei Zollfreiheit für Ursprungserzeugnisse aus der EU und dem Vereinigten Königreich, die die präferenziellen Ursprungsbedingungen erfüllen. Für Produkte, die nicht in der EU oder dem Vereinigten Königreich unter den vorher genannten. Bedingungen erzeugt werden, kommen die normalen Drittlandszollsätze zur Anwendung.

    L&R vertreibt heute über 18.000 Produkte. Diese werden zum einen an den 15 eigenen Produktionsstandorten in 11 Ländern - in und außerhalb der EU - produziert, zum anderen komplettiert ein internationales Hersteller- und Lieferantennetzwerk mit seinen Produkten das L&R Portfolio. Seitens L&R ist man daher auch mit dem aufwändigeren Zollabwicklungsprozess für Waren, die nicht aus der EU stammen, erfahren. Für L&R war der knappe Vorlauf zwischen Veröffentlichung und Inkrafttreten des TCA kein Problem. "Aus unserer Erfahrung heraus als internationales Unternehmen, das auch viele andere sogenannte Drittländer versorgt, haben wir unsere Prozesse schnell umgestellt. Der Warenexport wird zwar dahingehend etwas behindert, als dass wir einen aufwändigeren Zollabwicklungsprozess durchlaufen müssen, durch unsere gute Vorbereitung und Erfahrung können wir dies jedoch gut abfedern."

     

    Beim ersten Transport im Januar gab es zwar kleine zeitliche Verzögerungen, heute läuft die Belieferung der britischen Unternehmenstochter aber reibungslos. Seit Jahresbeginn müssen die Zollpapiere vor der tatsächlichen Lieferung nach Großbritannien geschickt werden, der britische Zoll prüft die Daten und erteilt, wenn alles in Ordnung ist, eine "entry number", worauf der Versand gestartet werden kann.

     

    Mit Staus waren die L&R Lieferungen bis dato nicht konfrontiert. Dirk Hegel ist zuversichtlich, dass auch 2021 alle Sendungen, die L&R nach Großbritannien verschickt, weiter so geordnet ablaufen wie bis dato. Einzig Kleinsendungen oder Lieferungen von Produktmustern sind etwas anders - und zwar umständlicher und teurer - zu handhaben.

     

    Was wünscht man sich von der Politik?

    Für L&R bzw. die Medizinproduktebranche sind hier nicht Fragen den Warenverkehr betreffend offen, sondern jene in Bezug auf regulatorische und rechtliche Änderungen für Medizinprodukte. L&R setzt sich als Mitglied des Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) weiter für ein gegenseitiges Anerkennungs-Abkommen (MRA) für Medizinprodukte zwischen der EU und Großbritannien ein, um bürokratische Hemmnisse abzubauen. Relevant ist hier v.a. eine Übergangsfrist für CE-gekennzeichnete Produkte nach MDD/AIMDD und MDR bis Juni 2023, da ab dann nur noch die neue UKCA-Kennzeichnung (UK Conformity Assessed) gilt.