das magazin / 9. März

    Gesellschaftliche Verantwortung nehmen wir sehr persönlich.

    Interview mit Wolfgang Süßle, CEO der L&R Gruppe

    Die dritte Ausgabe von „das magazin“ steht unter dem Leitthema „Persönliches Engagement“.

    Wolfgang Süßle, CEO, zieht im Gespräch die Linie vom Engagement des Einzelnen hin zur gesellschaftlichen Verantwortung und erklärt, warum die Diskussion über Purpose, Verantwortung und Gestaltungswillen integraler Bestandteil seines Tagesgeschäfts ist.

    Persönliches Engagement und Verantwortung, was bedeutet das für die L&R Gruppe und für Sie als CEO?

    Sei es in unserem Unternehmen oder in der Gesellschaft, stets sind wir auf den Einsatz und das Engagement des Einzelnen angewiesen, der sich seiner Verantwortung für den Erfolg des großen Ganzen stets bewusst sein muss und dieser hoffentlich auch mit viel Freude nachkommt. Aber auch als Unternehmen müssen wir uns stets die Frage stellen, wie wir unserer Verantwortung für die Gesellschaft nachkommen können. Seit einiger Zeit lesen Sie in vielen Wirtschafts- und Strategiemagazinen Abhandlungen über den „Purpose“ von Unternehmen und auch ich schließe mich der Aussage an, dass sich die Wirtschaft neu ausrichten muss, um nachhaltig erfolgreich zu sein.

    Sehen Sie in der Diskussion über den Purpose eines Unternehmens nicht nur einen kurzlebigen Trend?

    Nein. Jedes Unternehmen braucht Purpose, also einen höheren Zweck. Das hat für mich auch viel mit Glaubwürdigkeit und Haltung zu tun. Wofür stehe ich als Unternehmen, wie transparent und vertrauensvoll kommuniziere ich mit meinen Anspruchsgruppen, wie nachhaltig laufen Entwicklungsprozesse, wie produziere und vertreibe ich meine Produkte und Services? Das interessiert unsere Kunden und unsere Mitarbeiter bei ihren Entscheidungen. Für L&R ist die Definition des Purpose unserer Unternehmensgruppe nicht neu, wir arbeiten seit mehr als 160 Jahren daran. Wir möchten die Gesundheit von Menschen verbessern. Dieser Verpflichtung stellen wir uns jeden Tag. Unser Claim People.Health.Care. spiegelt unsere Passion und unseren Purpose. Wir verbinden unsere Produkte, Lösungen und Services mit dem Anspruch, dem Menschen, seiner Gesundheit und der Fürsorge für beide jeden Tag gerecht zu werden.

    Welche Vorteile haben Kunden und Geschäftspartner von Ihrer Haltung und Ihrem Engagement?

    Wir stehen für eine langfristige und zukunftsorientierte Unternehmensstrategie und unterstützen unsere Kunden bei ihren Problemstellungen. Wir sorgen beispielsweise für Hygiene und schnellere Abläufe im Krankenhaus, sind direkter Partner unserer Patienten in der Wundversorgung, stehen unseren Kunden mit weltweiten Schulungen zur Seite. Stets innovativ und am Puls der Zeit, darauf können sich unsere Kunden und Geschäftspartner verlassen.

    Teilen Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Purpose von L&R?

    Laut Harvard Business Review ist es die wichtigste Aufgabe eines Chefs, sich um Purpose zu kümmern. Aus Arbeit eine gemeinsame Sache zu formen ist entscheidend, um die besten Talente zu gewinnen und das Unternehmen auf diese Weise zukunftssicher zu machen. Und für mich geht es nicht nur um neue Talente, sondern in erster Linie um die mehr als 5.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Unternehmen. Wir sind eine transparente Organisation, vertrauen unseren Teams und investieren viel in die interne Unternehmenskommunikation. Regelmäßige Befragungen, Aus- und Weiterbildungsprogramme, wie beispielsweise in der unternehmenseigenen L&R Academy sind ein wichtiger Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Im Team der Führungskräfte thematisieren wir Fragen zu Mitarbeiterführung, wie Delegation von Aufgaben, Vertrauen, sowie persönliche Verantwortung des Einzelnen. Unser Corporate Social Sponsorship Programm „L&R We connect“ sieht vor, dass sich auch die Mitarbeiter bei den CSS Projekten aktiv einbringen können. Das zeichnet Förderung des persönlichen Engagements par excellence aus.

    Was ist, Ihrer Einschätzung nach, die größte Herausforderung unserer Zeit im Hinblick auf medizinische Versorgung, Gesundheit sowie Medizinprodukte?

    Eine der wesentlichen Herausforderungen ist sicherlich die ausreichende medizinische Versorgung der alternden Gesellschaft in vielen Ländern sowie die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens im Allgemeinen. Hier müssen gemeinsam mit dem Gesetzgeber, den Leistungserbringern und Patientenvertretern neue Lösungen gefunden werden. Wir und unsere Wettbewerber müssen uns darüber hinaus mit neuen regulatorischen Vorgaben, sowie den 2020 anstehenden Gesetzesänderungen und Erstattungshürden auseinander setzen. Und ein Thema, das sich durch alle Geschäftsfelder zieht, ist jenes der MDR. Hier sind auch viele Abteilungen bei L&R mit starken Ressourcenbelastungen konfrontiert. Doch das sind Aufgaben, denen wir uns im Sinne einer optimalen Patientensicherheit gerne stellen.

    Welche Megatrends sehen Sie in der Branche der Medizinprodukte und damit verbundenen Serviceleistungen?

    Da ist sicherlich die Digitalisierung zu nennen. Auch wenn die Gesundheitsbranche nicht gerade als ein First Mover bei der Digitalisierung gilt, haben wir für die L&R Gruppe eine umfassende Digitalisierungsstrategie entwickelt und setzen unsere Roadmap kontinuierlich um. Das Thema Digitalisierung spielt bei unseren Kunden ebenfalls eine große Rolle. Hier entwickeln wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden Lösungsmodelle für die Zukunft, beispielsweise durch unser Servicekonzept L&R OPTILINE. Angemessene und bezahlbare Pflege sind vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine große Herausforderung. Dabei waren die Patienten noch nie so gut informiert und so proaktiv wie heute. Immer öfter möchten sie das Ruder selbst in die Hand nehmen. Auch deshalb setzen wir auf Informationskampagnen sowie auf einfach anzuwendende Lösungen direkt für den Patienten, wie z.B. Ready Wrap, ein Kompressionssystem, das Patienten selbst anlegen können.

    Mit welchen Auswirkungen für Anwender, Patienten und Geschäftspartner wie Kliniken rechnen Sie?

    Hier gibt es große internationale Unterschiede. Bezogen auf Deutschland, Österreich und die Schweiz kann man sagen, dass es auf der einen Seite viele Chancen und Möglichkeiten gibt, lange gesund und fit zu bleiben, z.B. durch regelmäßige Vorsorge und die Ausübung eines gesunden Lebensstils. Auf der anderen Seite werden die Kosten für immer teurer werdende Behandlungen an die Patienten weitergegeben. Auch Krankenhäuser stehen unter wirtschaftlichem Druck und müssen vieles abfedern, was an anderen Stellen nicht optimal funktioniert. Überlastung von Notaufnahmen, Infektionen in Krankenhäusern, Ärztemangel in ländlichen Regionen, sind nur einige der Faktoren. Auch hier liegt es in unserer Verantwortung, Unterstützung anzubieten und Lösungsansätze zu entwickeln. Als L&R Gruppe setzen wir deshalb unseren Kompetenzaufbau konsequent fort. Im Jahr 2019 haben wir mit der Übernahme der Kompressionsstrumpfsparte der französischen Strumpfwarenfirma MTA (Medical Textile Ariégeois) sichergestellt, nun auch in Frankreich ein komplettes Sortiment an Kompressionsstrümpfen unter der bekannten Marke Veinocare anbieten zu können. Das gesamte Portfolio ist für den französischen Markt bereits erstattungsfähig zugelassen. In Kombination mit den L&R Velpeau Produkten ergeben sich zahlreiche Synergien. Diese Akquisition symbolisiert einen weiteren wichtigen Schritt zum konsequenten Kompetenzaufbau in der ganzheitlichen Kompressionstherapie.

    Welche Verantwortung übernimmt die L&R Gruppe für ihre Kunden? Wie geht die L&R Gruppe mit den Herausforderungen und Megatrends um?

    Wir arbeiten kundenzentriert, d.h. der Kunde steht mit seinen Herausforderungen, Problemstellungen und Anforderungen im Mittelpunkt. In der Geschäftsführung, im Kreis der Führungskräfte und bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit. Wir stehen für höchste Qualität, Innovationskraft und Kompetenz. Unsere Kunden und Geschäftspartner vertrauen uns, dass wir gemeinsam eine nachhaltige und zukunftsorientierte Lösung für ihre spezifischen Themen entwickeln. Neben der Einführung neuer Produkte und Lösungen, fokussieren wir mehr und mehr auf den steigenden Bedarf nach Serviceleistungen, wie wir ihn beispielsweise mit L&R OPTILINE bedienen. Unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung arbeitet stetig an neuen Konzepten, wie sich Angebote von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in Zukunft entwickeln werden, um schon heute neue Lösungsmodelle zu skizzieren. Wir gehen stärker in die Verantwortung und Kommunikation mit Anwendern, Patienten und Fachexperten. Unsere Informations- und Aufklärungskampagnen, wie „Hygiene In Practice“, „Fit trotz Arthrose“, „die Wundzentrale“ sind zielgruppengerecht, informativ und ein Service-Tool nicht nur für den Anwender, sondern auch für Patienten. In der unternehmenseigenen L&R Academy bieten wir Schulungen an, um den Kenntnisstand der Anwender jederzeit auf dem aktuell neuesten Stand zu halten.

    Was reizt Sie persönlich an der L&R Gruppe? Iimmerhin sind Sie schon seit 18 Jahren Geschäftsführer sowie seit 9 Jahren CEO und bestimmen den Kurs maßgeblich mit?

    Mich reizen die immer wieder neuen Herausforderungen in der Branche, aber auch unsere eigenen Themen, wie z.B. das stetige Vorantreiben unserer Internationalisierung. Die Werte eines Familienunternehmens in einem global agierenden Unternehmen zu leben, das ist eine spannende Aufgabe mit hohem Gestaltungspotential. Obwohl wir keiner Berichtspflicht nachkommen müssen, haben wir im Jahr 2019 unseren zweiten Nachhaltigkeitsreport veröffentlicht, in dem wir unser Engagement in den drei Säulen der Nachhaltigkeit abbilden. Unsere CSS Programm sowie unsere umfangreichen Produktspenden für Krisengebiete sind mir persönlich sehr wichtig und werden auch in Zukunft weiter ausgebaut werden.

    Transformation und Change gehören heute zum Tagesgeschäft.

    Alle sprechen vom gesellschaftlichen Wandel, Sie ebenfalls. Was bedeutet Veränderung konkret für ein internationales Unternehmen mit über 5.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit?

    Transformation und Change gehören heute zum Tagesgeschäft eines jeden Unternehmens. Wir haben uns bereits in gezielten  Strategieprozessen auf mögliche Veränderungen vorbereitet und insbesondere die Weichen für weiteres nachhaltiges Wachstum in einem schwierigen Marktumfeld richtig gesetzt. Aber anhaltende Veränderungen bedeuten auch immer eine Herausforderung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Agilität und Resilienz sind positiv besetzte Begriffe in der Theorie. Aber die Umsetzung in die Praxis erfordert Unterstützung, Training und die Motivation aller, die neuen Herausforderungen meistern zu wollen.