Neue praxisorientierte Expertenempfehlung gibt Orientierung

    Infektgefährdete Wunden frühzeitig erkennen und richtig behandeln

     

    Hannover/Rengsdorf/Frankfurt (dk) — Verbindliche Definitionen für infektgefährdete Wunden waren bisher nicht verfügbar, was in vielen Fällen zu einer zu häufigen oder auch zu langen Anwendung von Antiseptika führte. Die vor kurzem publizierte „Praxisorientierte Expertenempfehlung zur Einstufung von Risikowunden (Wounds at Risk; W.A.R. Score) und deren antimikrobielle Behandlung mit Polihexanid“ gibt nun Orientierung. Vorgestellt wurde sie von Prim.-Univ.-Doz. Dr. Robert Strohal aus Feldkirch/A bei einem Symposium von Lohmann & Rauscher (L&R) auf dem DGfW-Kongress in Hannover. Ein internationales Expertengremium entwickelte einen Bewertungsscore für infektgefährdete Wunden. Dieser W.A.R. Score hilft bei der Entscheidung über den Einsatz von antimikrobiellen Behandlungsmaßnahmen und wird nun eingeführt. Die Indikation für den Einsatz von Antiseptika ergibt sich aus der Addition von Gefährdungsursachen, die nach einem Punktesystem unterschiedlich gewichtet werden. Polihexanid wurde wegen seines günstigen Nutzen-Risiko-Profils als antiseptische Referenzsubstanz gewählt. Der Wirkstoff ist in dem Biozellulose-Wundverband Suprasorb® X + PHMB enthalten. Der Feuchtverband zeigte sich bei der Behandlung von Brandwunden gegenüber der Standardtherapie mit Silbersulfadiazin Creme überlegen, so die aktuellen Studienergebnisse von Dr. Andrzej Piatkowski de Grzymala aus Aachen. Der Clinical Sign Checker, den Dr. Thomas Eberlein aus Sa Cabaneta/E, vorstellte, ist ein weiteres Assessmentinstrument für klinische Zeichen. Damit lässt sich gut unterscheiden, ob Wunden kolonisiert, kritisch kolonisiert, lokal infiziert oder systemisch infiziert sind.

    „Mangels klarer Vorgaben werden viele Wunden unkritisch als potenziell infektionsgefährdet eingestuft. Die zu häufige und und zu lange Anwendung von antiseptischen Substanzen ist daher oft Ausdruck eines nicht evidenzbasierten, empirischen Sicherheitsdenkens“, beschreibt Prim.-Univ.-Doz. Dr. Robert Strohal, Facharzt für Dermatologie am LKH Feldkirch und Mitautor der Expertenempfehlung, die Problemstellung. „Außerdem ist es wichtig, gefährdete Patientengruppen oder kritische Wundverhältnisse zu erkennen, um durch konsequentes Wundmanagement schwerwiegende Infektionen zu verhindern“, führt Strohal weiter aus. Zielsetzung des W.A.R. Scores, der nun eingeführt wird, ist es, eine klinisch orientierte, begründete Risikoabschätzung anhand der konkreten Patientenverhältnisse zu ermöglichen. Die Indikation für den Einsatz von antimikrobiellen Maßnahmen ergibt sich dann aus der Addition unterschiedlich zu gewichtender Gefährdungsursachen, die nach einem Punktesystem bewertet werden. Bei drei oder mehr Punkten ist eine antimikrobielle Behandlung obligat.

    Bei der Einschätzung des Risikos für die Entwicklung einer Wundinfektion sind nicht nur die vorhandene Erregerlast und die Art der Erreger von Bedeutung, sondern auch ihre Virulenz und Interaktion mit dem Immunsystem des Patienten. Aus klinischer Sicht lassen sich die Ursachen für eine besondere Infektgefährdung in endogene und exogene Faktoren einteilen. Sie haben Einfluss auf die Entwicklung einer Wundinfektion. Die endogenen Faktoren sind im Wesentlichen auf eine Schwächung des Immunsystems des Patienten zurückzuführen. Dazu zählen beispielsweise angeborene oder erworbene Immundefekte, immunsupprimierende Medikamente, Diabetes mellitus, Verbrennungswunden, Malnutrition und geringes bzw. hohes Lebensalter. Die exogenen Faktoren, die die Wundsituation belasten, werden durch die Menge und Pathogenität der Erreger und deren Erreichbarkeit durch die Antiseptik beeinflusst. Exogene Gefährdungsfaktoren sind verschmutzte Wunden (Schuss-, Biss- und traumatische Wunden), Fremdkörper, post-chirurgische Wunden nach Eingriffen mit hoher Keimexposition, spezifische Pathogenität und Virulenz des Erregers sowie lokalisationsbedingte und umfeldbedingte Gefährdungen, zum Beispiel durch den Beruf.

    Der W.A.R. Score ist in nachfolgender Übersicht (Tab. 1; als Download verfügbar: W.A.R. Score) dargestellt. Mehrfachnennungen sind möglich, die Punkte werden einfach summiert.

    Die Autoren weisen darauf hin, dass unabhängig von dieser Empfehlung weitere Behandlungssituationen bestehen können, die eine lokale antimikrobielle Behandlung per se erfordern, zum Beispiel eine Erreger-Eradikation beim Nachweis von multiresistenten Keimen gemäß den Vorgaben des RKI oder bei kritisch-kolonisierten Wunden. Die praxisorientierte Expertempfehlung wurde vor kurzem als Originalarbeit in „Skin Pharmacology and Physiology“(1) in Englisch veröffentlicht und ist in Deutsch in „Hygiene & Medizin“(2) und „Wundmanagement“(3) erschienen. Unterstützt wurde die Expertengruppe von L&R.

    Die Rolle von Polihexanid bei Risikowunden
    Im Hinblick auf die bekannten Wirkansätze von Polihexanid und der daraus resultierenden positiven Nutzen-Risiko-Bewertung empfehlen die Autoren, bei Risikowunden polihexanidhaltige Zubereitungen einzusetzen. Sie weisen auch darauf hin, dass die Therapie mit antiseptischen Lösungen bzw. der unterstützende Einsatz antimikrobieller Wundauflagen immer in einen überwachten, klinischen Behandlungspfad integriert sein muss.

    Suprasorb® X + PHMB - Einziger Zelluloseverband mit Polihexanid
    Der Wirkstoff Polihexanid ist in dem Biozellulose-Feuchtverband Suprasorb® X + PHMB von L&R enthalten – dem einzigen polihexanidhaltigen Biozelluloseverband in der feuchten Wundbehandlung. Er beseitigt ein breites Erregerspektrum und überführt selbst hartnäckig MRSA-kontaminierte Wunden in MRSA-freie(4). Außerdem zeichnet sich der Wundverband durch eine hohe Verträglichkeit aus und verfügt über ein überdurchschnittliches Exsudatmanagement: Wo nötig, gibt er Feuchtigkeit ab und nimmt gleichzeitig an anderer Stelle überschüssiges Exsudat auf. Resistenzbildungen sind bisher nicht aufgetreten. Das HydroBalance-System reduziert den Schmerz und fördert die Wundheilung. Suprasorb® X + PHMB wird in der praxisorientierten Expertenempfehlung zur Behandlung kritisch kolonisierter und lokal infizierter Wunden empfohlen(5).

    Aktuelle Studienergebnisse zum Einsatz von Suprasorb X + PHMB bei Brandwunden
    Die Überlegenheit des Wundverbandes gegenüber der Standardtherapie mit Silbersulfadiazin Creme zeigt eine aktuelle Studie, durchgeführt von Dr. Andrzej Piatkowski de Grzymala(6). Je dreißig Patienten mit einer IIa-Verbrennung erhielten jeweils eine der beiden Therapien. „Die Wundheilung erfolgte in beiden Gruppen in ähnlichen Zeiträumen. Jedoch ließen sich deutliche Unterschiede im Hinblick auf die Schmerzintensität zwischen und während den Verbandwechseln feststellen“, fasst der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie am Universitätsklinikum der RWTH Aachen die Ergebnisse zusammen. Die Patienten in der Gruppe B (Polihexanid-basierte Wundauflage) wiesen signifikant niedrigere VAS-Werte gegenüber den Patienten der Gruppe A (Silbersulfadiazin Creme) auf (p<0.01). Insgesamt stellte sich die Polihexanid-basierte Wundauflage auch in der Kosten-/Nutzen-Analyse überlegen dar. Basierend auf einer Berechnung, die einen Zeitraum von zehn Tagen bis zur kompletten Epithelisierung zu Grunde legt, ergibt sich eine Ersparnis von 95,20 € gegenüber der Standardtherapie mit Silbersulfadiazin Creme. Hierbei spielte auch eine deutlich geringere Frequenz der Verbandwechsel eine wesentliche Rolle.

    Der Clinical Sign Checker – wertvolles klinisches Assessmentinstrument
    Andrew Kingsley hat mit dem Clinical Sign Checker ein Instrument entwickelt, das mehr Sicherheit bei der Interpretation klinischer Zeichen einer Wundinfektion gibt(7). Ärzten und Pflegekräften hilft der Clinical Sign Checker, den Dr. Thomas Eberlein vorstellte, zu unterscheiden, ob Wunden kolonisiert, kritisch kolonisiert, lokal infiziert oder systemisch infiziert sind. „Wundinfektion ist eine klinisch zu stellende Diagnose“, so der Facharzt für Dermatologie. „Deshalb kommen der geregelten Erfassung und Interpretation der Zeichen einer Infektion besondere Bedeutung zu“, führt Eberlein weiter aus. Klinische Zeichen und Symptome wie beispielsweise Farbe, Beschaffenheit und Geruch der Wunde sowie Blutwerte werden auf dem Sign Checker dokumentiert. Am Ergebnis kann der Behandelnde mit großer Sicherheit den Infektionsstatus einer Wunde ablesen. „Damit gelingt eine standardisierte Bewertung und Klassifikation von Wunden innerhalb von mikrobiologischen Kategorien und eine daraus resultierende Empfehlung zu Vorgehensweise und Behandlung“, lautet das Fazit von Eberlein.

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    Referenzen

    (1) Dissemond J, Assadian O, Gerber V, Kingsley, A, Kramer A, Leaper David J, Mosti G, Piatkowski A, Riepe G, Risse A, Romanelli M, Strohal R, Traber J, Vasel-Biergans A, Wild T, Eberlein T: Classification of Wounds at Risk and Their Antimicrobial Treatment with Polihexanide: A Practice-Oriented Expert Recommendation, Skin Pharmacology and Physiology (2011) 24 (5): 245-255 (DOI:10.1159/000327210)

    (2) Dissemond J, Assadian O, Gerber V, Kingsley, A, Kramer A, Leaper David J, Mosti G, Piatkowski A, Riepe G, Risse A, Romanelli M, Strohal R, Traber J, Vasel-Biergans A, Wild T, Eberlein T: Einstufung von Risikowunden (Wounds at Risk; W.A.R. Score und deren antimikrobielle Behandlung mit Polihexanid – eine praxisorientierte Expertenempfehlung, Hygiene & Medizin (2011); 36 (3): 85-93

    (3) Dissemond J, Assadian O, Gerber V, Kingsley, A, Kramer A, Leaper David J, Mosti G, Piatkowski A, Riepe G, Risse A, Romanelli M, Strohal R, Traber J, Vasel-Biergans A, Wild T, Eberlein T: Einstufung von Risikowunden (Wounds at Risk; W.A.R. Score und deren antimikrobielle Behandlung mit Polihexanid – eine praxisorientierte Expertenempfehlung, Wundmanagement (2011), 5 (2): 76-85

    (4) Wild T, Andriessen A, Bruckner M, Payrich M, Schwarz C, Eberlein T. Eradication of MRSA from pressure ulcers comparing a polihexanide containing cellulose dressing with polihexanide swabs in a prospective randomised study. Advances in Skin & Wound Care. accepted for publication (08.12.2010)

    (5) Dissemond J, Gerber V, Kramer A, Riepe G, Strohal R, Vasel-Biergans A, Eberlein T: Praxisorientierte Expertenempfehlung zur Behandlung kritisch kolonisierter und lokal infizierter Wunden mit Polihexanid, Wundmanagement (2009) 3(2): 62-68 und Zeitschrift für Wundbehandlung (2009) 14(1): 20-26

    (6) Piatkowski A, Drummer N, Andriessen A, Ulrich D, Pallua N: Randomized controlled single center study comparing a polyhexanide containing biocellulose dressing with silver sulfadiazine cream in partial-thickness dermal burns. Burns (2011), doi:10.1016/j.burns.2011.01.027

    (7) Kingsley A: Managing the ‘at risk’ patient: minimizing the risk of wound infection, British Journal of Nursing, Supplement (2010): 
1-11

    Symposium von Lohmann & Rauscher „Infektgefährdete Wunde – eine neue Definition“. 25. Juni 2011, im Rahmen des 14. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e. V. (DGfW) in Hannover

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